„Nichts war mehr normal“: So sehr litt Ulrike Meyfarth unter ihrem Sieg

Ihr Weltrekordsprung bei den Olympischen Spielen 1972 ist Legende. Doch was bisher niemand wusste: Schon damals war Meyfarths Freude getrübt.

Ulrike Meyfarth litt unter ihrem Sieg bei Olympia 1972.
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Ulrike Meyfarth litt unter ihrem Sieg bei Olympia 1972.

Die ganze Nation saß am 4. September 1972 bei den Olympischen Spielen in München gebannt vor den Fernsehschirmen, als Ulrike Meyfarth an der Reihe ist, zitterte mit der jungen Hochspringerin. Dann läuft die damals 16-Jährige an – und die Sensation ist perfekt: die Latte bleibt liegen. Bei der Weltrekord-Höhe von 1,92 Metern. Die jubelnde Ekstase im Stadion markierte die Geburtsstunde eines deutschen Sportphänomens.

„Ich hatte das Gefühl, ich kann nichts falsch machen“

Mit diesem legendären Moment im Münchener Olympiastadion vor 51 Jahren eroberte die 16-jährige Ulrike Meyfarth die Herzen. Der jungen Athletin aus Wesseling bei Köln, mit einer beeindruckenden Größe von einem Meter und 88 Zentimetern, gelang im Stadion vor fast 80.000 Zuschauern ein absoluter Triumph. Und sie wird damit zugleich die jüngste Olympia-Siegerin in einer Einzeldisziplin.

Doch der Triumph brachte nicht nur Freude. Inmitten der Gold-Serie von Schwimmstar Mark Spitz und dem schrecklichen Terroranschlag auf die israelische Mannschaft stach Meyfarths Sieg als das größte deutsche Highlight der Spiele heraus. Doch wie Meyfarth später im SZ-Magazingestand, brachte der Sieg auch Herausforderungen mit sich: „Nichts war mehr normal“.

Aber schon damals kommen Zweifel auf

Doch was damals noch keiner ahnt: Die Erwartungen und der plötzliche Ruhm nach dem Weltrekordsprung führten zu Selbstzweifeln bei dem Teenager. Und Meyfarth fürchtete schnell, dass dieser Moment nie wiederkommen würde. Zumal sie schon bei ihrem Rekordsprung erleben musste, wie schnell man die Gunst des Publikums auch wieder verlieren kann.

Denn bei der Höhe von 1,90 Meter hat sie einen Fehlversuch. Die Latte fällt und die Zuschauer im Olympiastadion buhen Meyfarth gnadenlos aus – nur um ihr wenig später wieder zuzujubeln. Für Ulrike Meyfarth sind das Momente, die sie prägen werden.

Ulrike Meyfarths Comeback nach 12 Jahren

Nachdem sie als Pionierin des Fosbury-Flops, einer damals noch neuen Sprungtechnik, bekannt wurde, musste sie in den Jahren nach dem Sieg in München bittere Niederlagen hinnehmen. 1976 schied sie in der Qualifikation der Olympischen Spiele in Montreal aus, und auch bei Europameisterschaften verfehlte sie die Medaillenränge.

Ein historisches Comeback gelang Meyfarth dann ganze zwölf Jahre nach ihrem ersten Triumph: 1984 eroberte sie in Los Angeles erneut die Goldmedaille. Mit 28 Jahren übertraf sie ihre Leistung von München um zehn Zentimeter und schrieb damit Sportgeschichte. Doch trotz dieses Erfolgs blieb ihr erster Sieg in München stets der herausragende Moment ihrer Karriere.

Ulrike Meyfarth-Nasse: Ihr Leben nach dem Sport

Nach dem Sport fand Meyfarth, heute Ulrike Nasse-Meyfarth, Erfüllung in ihrem persönlichen Leben. Als Mutter zweier Töchter und engagierte Trainerin und Talentsichterin setzte sie sich auch für soziale Zwecke ein. 2011 wurde sie in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen, lehnte jedoch 2015 eine Ehrung des Weltverbands IAAF aufgrund von Skandalen der Organisation ab.

Obwohl ihr erster Sieg alles überstrahlt, betont Meyfarth heute, dass der Triumph in Los Angeles 12 Jahre danach ihr mindestens genauso wichtig sei. Verständlich, immerhin hat sie damals allen eindrucksvoll gezeigt, dass sie als Leichtathletin alles andere als eine „Eintagsfliege“ war.

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Verwendete Quellen:

Sport1.de: Ein legendärer Moment mit Schatten

Hall-of-fame-sport.de: Zwei Olympiasiege als Hochspringerin

Heide Ecker-Rosendahl: Die Olympia-Legende von 1972 arbeitete lange als Sport-Dozentin Heide Ecker-Rosendahl: Die Olympia-Legende von 1972 arbeitete lange als Sport-Dozentin