Fast 40 Jahre nach dem Fall des kleinen Grégory erschüttert ein weiteres Drama die französische Gesellschaft. Am 8. Juli 2023, mitten im Sommer, kommt es in einem kleinen Dorf in den Bouches-du-Rhône zu großer Aufregung: Émile, zweieinhalb Jahre alt, verschwindet spurlos, während er sich in den Ferien unter der Aufsicht seiner Großeltern Anne und Philippe Vedovini befindet. Tagelang hofft ganz Frankreich, dass der kleine Junge der Aufmerksamkeit seiner Angehörigen entwischt ist und sich im kargen Gelände des Haut-Vernet verlaufen hat.
Bittere Gewissheit folgt im darauffolgenden Jahr
Doch trotz gründlicher Suchaktionen fehlt jede Spur von dem blondhaarigen Jungen. Die unerwartete Wendung erfolgt am 30. März 2024: Eine Wanderin entdeckt in den Bergen den Schädel des kleinen Émile – auf einem schmalen Waldweg, in einem bewaldeten und recht steilen Gebiet, weit entfernt vom unteren Teil des Dorfes. Ein Gebiet, das bereits sorgfältig von den Suchtrupps durchkämmt worden war.
Seit einigen Wochen überschlagen sich die Ereignisse, und die Schlinge scheint sich um Émiles Familie zu ziehen. Am 13. März, als die Ermittlungen bereits als festgefahren galten, beschlagnahmen die Ermittler:innen einen Blumenkasten in der Nähe der Kapelle von Haut-Vernet – es ist ihr erster Einsatz vor Ort seit Monaten. Eine anonyme Nachricht soll laut Berichten zu dem Fund geführt haben.
Tod von Émile: Die Geständnisse von Pfarrer Gilliot vor seinem Suizid
Am 25. März überschlagen sich die Ereignisse. Der Staatsanwalt von Aix-en-Provence gibt bekannt, dass Émiles Großeltern sowie ein Onkel und eine Tante wegen "vorsätzlichen Totschlags" und "Verheimlichung einer Leiche" in Polizeigewahrsam genommen wurden – sie wurden jedoch mangels Beweisen wieder freigelassen. Parallel dazu wird der Suizid von Pfarrer Claude Gilliot bekannt, der Émile, den Sohn von Colomban und Marie-Soleil, getauft hatte.
In der TV-Sendung C à Vous am Samstag, den 29. März, antworteten die Journalisten Ronan Folgoas (Le Parisien) und Arthur Herlin (Paris Match), beide Experten im Fall Émile, auf die Fragen von Aurélie Casse.
"Hatte er schon gesagt, dass er den Großvater verdächtigt?" – "Ja. (...) Von Anfang an erklärte er mir, dass Philippe jemand sein könnte, der streng oder sogar etwas aggressiv mit seinen Kindern umgeht, dass er ihn einmal dabei überrascht hatte, wie er einem seiner Kinder eine heftige Ohrfeige gab. Wenn er mir das erzählt hat, denke ich, dass er auch mit einem Gemeindemitglied oder einer Vertrauensperson darüber gesprochen hat – und Philippe hat es erfahren. Als er dann auch noch mitbekam, dass der Pfarrer mich empfangen und ein Foto an Paris Match weitergegeben hatte, hat das seine Wut ausgelöst. Eine rasende Wut. Er beschimpfte ihn aufs Übelste, sagte ihm, dass er ihn nie wiedersehen wolle, und dass er alles tun werde, um ihn aus der Pfarrei zu entfernen – was ihm im September schließlich auch gelang", so Arthur Herlin.
Dann beschreibt der Journalist den allmählichen Abstieg des Priesters: "Nach seiner Absetzung (...) hatte er keinen konkreten Grund für seine Suspendierung erhalten. Der Bischof hat ihn nicht einmal angehört. Das hat ihm sehr wehgetan, denn er hatte die Messe zur Taufe von Émile gehalten, die Hochzeit von Marie und Colomban gefeiert, er war seit zwanzig Jahren in dieser Pfarrei. (...) Er wusste nicht mehr, an wen er sich wenden sollte, das hat er mir im Januar gesagt. Er fing sogar an, sich Sorgen zu machen, dass er in seiner Heimatregion im Norden keine Messe mehr feiern dürfte."
Ein seelischer Schmerz, der den Pfarrer offenbar zu einem Akt tiefster Verzweiflung trieb.
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Verwendete Quelle:
France 5: C à Vous
Aus dem Französischen übersetzt von Voici