„Am verlassenen Strand, Verpackungsmüll und Papier in jeder Hand“... Hätte Brigitte Bardot ihr berühmtes Lied La Madrague im Jahr 2018 veröffentlicht, wären das mit Sicherheit diese Worte, die die Künstlerin gewählt hätte. Der Grund dafür: der zunehmend besorgniserregende Zustand der Strände am Mittelmeer.
Im vergangenen Juni veröffentlichte der WWF einen alarmierenden Bericht über den Zustand des interkontinentalen Gewässers: „Das Mittelmeer verwandelt sich in eine gefährliche Plastikfalle mit einer Rekordverschmutzung, die sowohl die Meereslebewesen als auch die menschliche Gesundheit gefährdet“. Schätzungen zufolge handelt es sich somit bei 95% des Abfalls an den Stränden und an der Oberfläche des Mittelmeers um Kunststoff.
Das Problem offenbart sich an den Küsten vieler Mittelmeerländer. Insbesondere an den tunesischen Stränden wird das Problem deutlich, was durch die politischen Unruhen, die das Land in den letzten Jahren erlebt hat, noch verstärkt wird. Seit der Revolution 2011 gibt es zu wenige Verantwortliche in der Abfallwirtschaft, sodass der Müll, sowohl an Land als auch an der Küste, immer mehr zunimmt.
Originelles Umweltengagement
Angesichts dieser traurigen Tatsache beschließt ein Mann, ein 27-jähriger Tunesier, zu handeln. Sein Name: Mohamed Oussama Houij. Im Jahr 2017 startet der junge Sanitäringenieur die Aufklärungskampagne „Zabaltouna“, zu Deutsch „Ihr habt uns mit eurem Müll überfallen“. Er startet eine originelle Bürgeraktion: In den sozialen Netzwerken veröffentlicht er Fotomontagen mit Persönlichkeiten aus alten Gemälden, die in zeitgenössische Fotografien der von Müll übersäten Straßen von Tunis montiert werden.
Nach dem Erfolg dieser virtuellen Aktion beschloss der junge Tunesier, noch weiter zu gehen, indem er eine Sensibilisierungskampagne startete, die diesmal in der Realität verankert ist. Seine Idee: 300 Kilometer der tunesischen Küste zu abzuklappern, um sie von einem Teil ihres Mülls zu befreien.
Ein Akt, der eher symbolisch ist als dass er sich wirklich auszahlt, wie Mohamed Oussama Houij der französischen Presseagentur AFP zugesteht: „Die 300-Kilometer-Aktion ist nicht wirklich dazu da, um aufzuräumen. Ich weiß, dass ich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein bin. Aber ich möchte die Leute auf dieses Problem aufmerksam machen. Ich will, dass sie anfangen zu denken: 'Warte! Das ist nicht normal, all diese Flaschen, all diese Korken, all diese Plastiktüten!'“
Eine Reise, die am 1. Juli beginnt
Seine Reise beginnt am 1. Juli. Aus Mahdia, an der Ostküste Tunesiens, will der junge Aktivist bis Ende August nach Tunis laufen und auf dem Weg dahin nicht weniger als dreißig Strände passieren. Jeden Tag veröffentlicht Mohamed Oussama Houij Fotos auf seiner Facebook-Seite, die das Ergebnis seiner täglichen Müllsammlung zeigen. Er beginnt schon früh morgens mit seiner Arbeit, um nicht der prallen Sonne ausgesetzt zu sein.
Am ersten gesäuberten Strand sind es nicht weniger als hundert Kilo Abfall, die der Küstenschützer sammeln konnte. Mittlerweile hat der junge Mann bereits mehr als 150 Kilometer Küste zurückgelegt. Auf halbem Weg glaubt er, bereits „Tonnen von Müll“ gesammelt zu haben, Müllsack für Müllsack. „Je mehr du sauber machst, desto mehr Müll gibt es, es endet nicht! Es ist unglaublich“, sagt er aufgelöst der AFP.
Sein Rekord wird in Windeln gezählt, das ist seine Maßeinheit für Umweltverschmutzung. „Mein Rekord liegt bei etwa 30 Windeln an einem einzigen Strand in Sousse. Es gibt 30 Häuser, 30 Familien, die hier leben. Sie haben kein Problem damit, ihren Müll am Strand liegen zu lassen“, sagte er zu Africa World. Und diese traurige Beobachtung muss der Ingenieur auf seinem gesamten Weg Richtung Tunis immer wieder machen.
„Das ist nicht etwa die Apokalypse, sondern das ist der See Hammem El Ghzez, das war der See Hamem Ghzez“, schreibt er in einem Post, das ein Gebiet zeigt, dessen Strand mit immer mehr Müll aller Art übersät ist.
Umwelt und Ökosysteme in Gefahr
Neben der starken Präsenz von Abfällen an der Küste sind es vor allem die indirekten Folgen dieser schädlichen Verschmutzung für die lokalen Ökosysteme, die den Tunesier beunruhigen: „Ich habe noch nie eine lebende Meeresschildkröte gesehen, nur tote. Und das, obwohl ich seit 27 Jahren im Mittelmeerraum lebe, der idealen Umgebung für Schildkröten“, sagte er. Es sind in der Tat nicht weniger als dreißig leblose Tiere, die der junge Mann während seiner Reise entdeckt.
„Die Behörden gehen mit dem Problem der Umweltverschmutzung in Tunesien nicht richtig um, es gibt keinen wirkliche Bereitwilligkeit, um das Problem zu lösen“, sagt der Aktivist. Er schätzt seine Unabhängigkeit als Umweltaktivist sehr und weigert sich, mit seiner Aktion politisch aktiv zu werden oder mit einer Organisation zusammenzuarbeiten. Trotz der beträchtlichen Anstrengungen variieren die Reaktionen auf seine Aktion „von einem Extrem zum anderen“, so Mohamed Oussama Houij.
„Es gibt Menschen, die sehr aktiv sind, die dich ermutigen und dir beim Aufräumen helfen. Andere Menschen lassen dich daran zweifeln, für so einen guten Zweck zu arbeiten“, fährt der junge Tunesier fort, der dennoch seine Reise trotz aller Widerstände beenden will: „Es gibt keinen Grund für mich, damit aufzuhören“, versichert er, bevor er seine mutige Reise entlang der Küste fortsetzt.