Die Radsport-Legende Jan Ullrich (49) hat in einem Interview mit dem Magazin "Stern" offen wie nie über seinen verheerenden Alkohol- und Drogenabsturz nach seinem Karriereende 2007 gesprochen. Er habe "Whiskey wie Wasser" und Kokain in großen Mengen konsumiert. Zum endgültigen Zusammenbruch kam es allerdings erst nach der Trennung von seiner Frau Sara: "Der Absturz 2018 hat mich fast das Leben gekostet, ich habe sehr viel verloren." Er sei nicht "weit weg vom Tod" gewesen und auf dem besten Weg, sich selbst zu zerstören. Das habe er damals aber nicht sehen wollen.
"Der Mix aus Whiskey und Kokain hat mein Herz kälter gemacht", versucht Ullrich zu erklären. Er habe deswegen kaum noch etwas gespürt: "Es holt all die bösen Eigenschaften in dir hoch. Es macht dich innerhalb kürzester Zeit zum Monster." Wenn man kein Herz mehr habe, sei man auch kein Mensch mehr, so Ullrich.
Jan Ullrich: Liebe zu seinen Kindern rettete ihm das Leben
Es sei ihm bis heute ein Rätsel, wie er das damals ausgehalten habe. Die Liebe zu seinen Kindern habe ihm aber das Leben gerettet. Die Drohung seiner Frau habe ihn dazu gebracht, sich professionelle Hilfe zu holen. Worte, die er bis heute nicht vergessen habe: "Wenn du dich nicht änderst, wirst du die Kinder nicht mehr sehen, nicht mal ans Telefon wirst du sie bekommen."
Er sei mittlerweile "gesund aus der Geschichte herausgekommen" und froh, dass er den Weg zurückgeschafft habe. Mittlerweile stehe er wieder "mit beiden Beinen im Leben", weil er die Kraft aufgebracht habe, mit seinem Leben nochmal ins Reine zu gehen. Für seine insgesamt vier Kinder (drei Söhne mit Ex-Frau Sara, eine Tochter aus früherer Beziehung) möchte er jetzt voll da sein: "Ich habe Lust, meine Kinder aufwachsen zu sehen." Aus seiner Lebenskrise sei er lebenshungrig hervorgegangen.
Auch über seine Dopingvergangenheit zu seinen aktiven Zeiten spricht Ullrich in dem Interview offen wie nie zuvor: "Wenn du mithalten willst, musst du mitmachen." Es habe sich damals "völlig normal" angefühlt. Wenn er nicht gedopt hätte, "wäre das so, als würdest du mit einem Messer bewaffnet zu einer Schießerei gehen." So habe er sich schnell diesem Zwang unterworfen, als er 1995 Profi beim Team Telekom wurde.