Nicht ohne Grund umflort Keith Richards (80) ein Mythos der Unsterblichkeit. In seinem Leben ist er derartig oft dem Tod von der Schippe gesprungen, dass man dahinter mehr als puren Zufall vermuten muss. Dabei stellte seine jahrzehntelange Heroin- und Kokain-Abhängigkeit offenbar nicht einmal die größte Gefahr für seine körperliche Unversehrtheit dar.
V1-Raketen zerstören sein Elternhaus
Bereits kurz nach seiner Geburt am 18. Dezember des Kriegsjahres 1943 bekam er es mit seiner ersten Nahtoderfahrung zu tun, als im Sommer 1944 sein erstes Elternhaus in der östlich von London gelegenen Stadt Dartford bei den Bombardements durch deutsche V1-Raketen fast vollständig zerstört wurde.
In späteren Interviews verriet der Musiker, dass ihn diese frühe Kriegserfahrung für sein ganzes Leben geprägt hat. So zitiert ihn etwa die "Süddeutsche Zeitung" mit den Worten: "Es ist heute noch so - ein Knall oder eine Sirene können mich sehr erschrecken, wenn ich nicht darauf vorbereitet bin. Wenn ich zum Beispiel im Hotel den Korridor entlanglaufe und jemand in seinem Zimmer einen Zweiter-Weltkrieg-Film schaut und ich höre durch die Tür die Sirenen, dann gehe ich immer noch in Deckung."
Beinahe von Leonardo da Vinci dahingerafft
Im selben Interview erläuterte Richards, dass es in seinem weiteren Leben oft vor allem profane Haushaltsunfälle waren, die ihn beinahe um die Ecke brachten. So sei er im Jahr 1998 in seiner Bibliothek beinahe von einem herabfallenden Buch erschlagen worden. "Das Ding hätte mich fast dahingerafft", so der belesene Rockmusiker. "Es war Leonardo da Vincis Buch über die Anatomie des Menschen." Das kiloschwere Werk habe ihm "ein paar Rippen zerschmettert, die dann in die Lunge stachen". Aber auch dies habe er mühelos überlebt.
"Ich habe einen echten Rock 'n' Roll-Kampfkörper"
2005 führte er im "Spiegel" seine sagenumwobene Unverwüstlichkeit auf musikalisch bedingte Superheldenfähigkeiten zurück: "Mal abgesehen von meinem Heroinentzug hat mein Körper mich immer gut behandelt. Und ich habe ihn wirklich arg strapaziert und sehr viel kaputtgemacht: vier gebrochene Rippen, zwei lädierte Lungen, viele gebrochene Finger und Zehen. Aber ich habe einen echten Rock 'n' Roll-Kampfkörper, deshalb heilt alles in Rekordzeit." Selbst seine Ärzte, die ihn nach Verletzungen immer wieder für eine Weile aus dem Verkehr ziehen wollten, seien regelmäßig über seine wissenschaftlich nicht erklärbaren Rekordheilungskräfte erstaunt gewesen.
Fast fataler Sturz von Fidschi-Palme
Im folgenden Jahr stellte Richards seine These dann auch sogleich aufs Neue unter Beweis. Ende April 2006 stürzte er in einem Luxus-Ressort auf den Fidschi-Inseln fünf Meter tief von einer Palme in die Tiefe und zog sich dabei ein lebensgefährliches Blutgerinnsel im Gehirn zu, das ihm operativ entfernt werden musste. Knapp zwei Monate später stand er schon wieder mit den Rolling Stones auf der Bühne, um die zweijährige "A Bigger Bang"-Tour der Band weiter mitzurocken.
Im Oktober 2013 konnte der "Süddeutschen Zeitung" zufolge im US-Bundesstaat Connecticut ein Nachbar Keith Richards' per Festnahme davon abgehalten werden, ihn mit 44 Kilogramm Sprengstoff in die Luft zu jagen. Der Bericht warf die Frage auf, wie man auf die seltsame Idee kommen könne, dass 44 Kilo Sprengstoff ausreichen würden, um den härtesten aller Stones um die Ecke zu bringen.
Auch in den wildesten Zeiten alles unter Kontrolle
Dass er mal seinen 80. Geburtstag feiern würde, erschien in der Frühzeit der Rolling Stones äußerst unwahrscheinlich. Nachdem Lead-Gitarrist Brian Jones (1942 - 1969), der aufgrund seiner Drogenexzesse aus der Band geworfen wurde, im Jahr 1969 zugedröhnt in einem Swimming-Pool ertrunken war, prophezeite man dem ebenfalls heroinsüchtigen Richards ein ähnliches Schicksal. In seinen 2010 unter dem Titel "Life" erschienenen Memoiren behauptet dieser jedoch, auch in seinen wildesten Exzessen stets alles unter Kontrolle gehabt zu haben: "Mein Überleben schreibe ich nicht nur der erstklassigen Qualität meiner Drogen zu. Ich achtete sehr sorgfältig darauf, wie viel ich nahm."
Sein neues Leben ohne Heroin, Koks und Kippen
Trotzdem scheint er auf seine alten Tage entschlossen zu haben, seine Unsterblichkeit nicht mehr ganz so hart auf die Probe zu stellen. Wie er im September 2023 dem "Telegraph" verriet, führt er seit einigen Jahren ein fast komplett drogenfreies Leben. Dort sagte er: "Ich habe 2019 mit den Zigaretten aufgehört, 1978 mit dem Heroin, 2006 mit dem Kokain... aber ich trinke immer noch gerne mal einen." Unter diesen Idealbedingungen sollte es für seinen Rock ' n' Roll-Kampfkörper kein Problem darstellen, auch noch die nächsten 80 Jahre unbeschadet zu rocken.