Seinen Freispruch in London und seinen Geburtstag hat Kevin Spacey (64) am Mittwochabend in der britischen Hauptstadt in einem Privat-Club gefeiert. Doch beruflich dürfte es für den zweifachen Oscargewinner weniger Grund zur Freude geben. Mehrere Experten glauben, dass er seine Karriere in Hollywood trotzdem nicht wieder aufnehmen kann - zumindest vorerst.
Auf den Freispruch erstmal einen Whiskey
Genau an seinem 64. Geburtstag am 26. Juli hatte die Jury am Southwark Crown Court den Schauspieler in allen Anklagepunkten freigesprochen. Ihm waren sexuelle Übergriffe gegen vier Männer vorgeworfen worden. Den Sieg vor Gericht feierte Spacey am Abend mit Freunden im privaten Groucho Club in Soho, wie "Page Six" mit Bildern berichtet. Er habe sich dort den ein oder anderen Whiskey gegönnt, hieß es.
Während Spacey noch feierte, starteten Beobachter der Filmszene eine Diskussion über seine berufliche Zukunft. Kann er nach dem Freispruch wieder an seine früheren Erfolge anknüpfen? Seit 2017 die ersten Vorwürfe laut wurden, kam die Karriere des 64-Jährigen zum Erliegen. Netflix schmiss ihn aus der Erfolgsserie "House of Cards". Regisseur Ridley Scott (85) schnitt alle Szenen mit dem Schauspieler aus seinem Film "Alles Geld der Welt" und ließ sie mit Christopher Plummer (1929-2021) nachdrehen. Auch nach seinem Freispruch dürfte es für den Schauspieler schwer werden, wieder Fuß in Hollywood zu fassen, sind sich mehrere Experten einig.
Europa statt Hollywood
"Page Six" schreibt nach Gesprächen mit einigen Insidern, dass die Filmfabrik die Schlagzeilen um Spacey nicht so schnell vergessen werde. "Es geht nicht darum, ob Kevin wieder arbeiten kann, sondern darum, wer mit ihm zusammenarbeiten wird?", sagte demnach ein Produzent. Eine andere Quelle glaubt, dass Spacey nun vor allem in Europa Arbeit finden werde: "Schauen Sie sich all diese Männer an, denen Sexualverbrechen vorgeworfen werden, von Woody Allen bis Roman Polanski, sie alle arbeiten in Europa." Tatsächlich bekam Spacey bereits eine Rolle im britischen Independent-Thriller "Control".
Es werde für den 64-Jährigen ein "sehr langer Weg", seine Karriere in Amerika wieder anzukurbeln, ist sich auch Journalistin KJ Yossmann sicher, die beim US-amerikanischen Unterhaltungsmagazin "Variety" arbeitet. Der Freispruch sei für ihn zwar "ein großer Gewinn", es sei jedoch eine andere Frage, ob sich dadurch die öffentliche Meinung über den Schauspieler ändere. "Ich denke, in der Zwischenzeit wird er versuchen, eine Arbeit dort aufzunehmen, wo er umarmt und mit offenen Armen empfangen wird. Das wird wahrscheinlich Europa sein."
Zu großes Risiko?
Auch der PR-Experte Mark Borkowski glaubt nicht an eine baldige Rückkehr nach Hollywood. "Ich halte es für höchst unwahrscheinlich, dass ein großes Franchise-Unternehmen an die Tür von Kevin Spacey klopft, während um ihn herum so viel negative Publicity herrscht", zitiert ihn "The Guardian". "Ich glaube nicht, dass Disney oder die großen US-Studios ein solches Risiko eingehen werden." Vielmehr rechnet er Spacey Chancen in kleineren Independent-Filmen zu. "The Sun" ließ einen weiteren PR-Experten zu Wort kommen. Andy Barr glaubt, dass sich der gefallene Star jetzt zunächst eine Auszeit vom Rampenlicht nehmen müsse. "Er muss bedenken, dass jede Werbung, die er für sein erstes Projekt macht, mit negativen Fragen zu diesem Fall verunreinigt sein wird."
Der Freispruch in London folgt auf einen Freispruch in den USA: Bereits im Oktober 2022 wurde Spacey von einer New Yorker Jury für nicht schuldig befunden. Sein Schauspielkollege Anthony Rapp (51) hatte ihm vorgeworfen, ihn sexuell belästigt zu haben, als Rapp gerade einmal 14 Jahre alt war.