Ein verborgenes Gesicht in den Ruinen von Ptolemais fasziniert Archäologen

Die Forschungen in Ptolemais an der Mittelmeerküste Libyens werden wieder aufgenommen. Fachleute haben dort kürzlich ein prunkvolles römisches Haus entdeckt, das mindestens 1.800 Jahre alt ist, mit einem ausgeklügelten Wassersystem … und einem mysteriösen Gesicht, das auf eine Zisterne eingraviert ist.

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© Eric Lafforgue/Art in All of Us@Getty Images
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DIE GROESSTEN ARCHAEOLOGISCHEN ENTDECKUNGEN

Nach dreizehn Jahren Unterbrechung aufgrund des libyschen Bürgerkriegs werden die Ausgrabungsarbeiten an der archäologischen Stätte von Ptolemais, nahe der modernen Stadt Tolmeitha (oder Tulmaythah, im Nordosten Libyens), wieder aufgenommen. In dieser antiken griechischen Stadt, einer der größten der Antike, haben Forscher:innen der Fakultät für Archäologie der Universität Warschau kürzlich die Residenz eines Würdenträgers freigelegt. Im Inneren verbarg sich ein fortschrittliches System für Trinkwasser sowie eine Maske, die ein mysteriöses Gesicht darstellt, wie sie am 13. Januar 2025 gegenüber Nauka w Polsce ("Wissenschaft in Polen") berichteten.

Luxuriöse römische Residenz in Ptolemais

Ptolemais, an der Mittelmeerküste gelegen, wurde in der hellenistischen Epoche (etwa im 3. Jahrhundert v. Chr.) in der historischen Region Kyrenaika gegründet. Die Stadt wurde zu Ehren der Ptolemäer benannt, der Herrscher der lagidischen (oder ptolemäischen) Dynastie, die damals über Ägypten und Libyen regierten. Unter römischer Herrschaft entwickelte sich die Stadt zu einem wichtigen Zentrum der Region und florierte dank ihres Hafens und Handels. Sie blieb auch während der byzantinischen Zeit bewohnt, bevor sie nach der arabischen Eroberung im 7. Jahrhundert n. Chr. in Bedeutungslosigkeit verfiel.

Die Archäolog:innen versuchen derzeit, die gesamte Stadt und ihr ländliches Umland mithilfe moderner, nicht-invasiver Methoden zu dokumentieren. Gleichzeitig graben sie auch ein "sorgfältig ausgewähltes" Viertel aus, erklärt Dr. Piotr Jaworski, Leiter der polnischen archäologischen Mission in Ptolemais, gegenüber Nauka w Polsce. "Durch umfassende archäologische Forschungen [...] möchten wir die Vergangenheit dieser hellenistisch-römischen Stadt und das Leben ihrer Bewohner besser verstehen", fügt er hinzu.

Im Zentrum dieses Bereichs entdeckte das Team im Juni 2024 einen kleinen Peristyl (einen von Säulengängen umgebenen Innenhof), umgeben von den Überresten einer Küche, einer Treppe, die in ein Obergeschoss führte, und eines mit Mosaiken verzierten Raumes, der mehrere Reparaturen erfahren hatte. Laut den Spezialist:innen handelt es sich dabei um die Überreste einer römischen Residenz, die auf das späte 2. oder frühe 3. Jahrhundert n. Chr. datiert wird (in Frankreich wurden vor einiger Zeit Ruinen einer römischen Stadt entdeckt). Nach mehreren Erdbeben, die die Kyrenaika in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. trafen, scheint sie jedoch während der späten römischen Periode wiederaufgebaut und erneut bewohnt worden zu sein.

Die Identifizierung von drei steinernen Behältern nahe dem Eingang stützt die Hypothese, dass die Residenz einem ehemaligen Würdenträger gehörte. Solche Behälter, die in vielen luxuriösen Anwesen der Region vorkommen, dienten vermutlich dazu, Steuern zu entrichten oder Naturalabgaben zu leisten. "Ihre Präsenz [...] deutet darauf hin, dass diese Residenz sowohl als privates Wohnhaus als auch als Ort für öffentliche Aktivitäten genutzt wurde", erklärt Dr. Piotr Jaworski in einer Mitteilung. Zudem verfügte das Haus über ein fortschrittliches System zur Sammlung von Trinkwasser, mit einem Regenauffangbecken (einem Impluvium) im Zentrum des Peristyls, das zwei unterirdische Zisternen speiste.

Geheimnisvolle Skulpturen unter der Erde und auf der Akropolis

Auf einer der Zisternen befand sich, wie von Nauka w Polsce beschrieben, die "überraschendste Entdeckung dieser Saison": ein menschliches Gesicht, geformt aus einer Art hydraulischem Mörtel, der zur Beschichtung der Wände eines der Behälter verwendet wurde. Diese Maske, die keine Attribute zur Identifikation aufweist, bleibt ein Rätsel. Sie soll jedoch Ähnlichkeiten mit einigen der Gesichter aufweisen, die in die Wände des Heiligtums von Slonta eingraviert wurden. Dieses befindet sich südlich der antiken griechischen Stadt Kyrene (die der Kyrenaika ihren Namen gab) und wird auf Arabisch El Tesuira, "die Höhle der Bilder", genannt. Der Experte vermutet daher:

Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Eigentümer des Hauses oder zumindest die Personen, die an der Schaffung dieses Bildes beteiligt waren, libyscher Herkunft waren. Epigraphische Quellen belegen, dass seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. assimilierte libysche Eliten die Bürgerschaft der griechischen Städte in der Kyrenaika erlangten.

In Ptolemais beginnen die Forscher:innen nun mit der nicht-invasiven Erkundung der lokalen Akropolis, die ein 11 Hektar großes, dreieckiges Plateau einnimmt. Sie liegt 285 Meter über dem Meeresspiegel, ist teilweise von den Stadtmauern umgeben und mit einer Festung ausgestattet, die einst als Zufluchtsort bei Belagerungen diente. Geodätische Vermessungen und 3D-Modelle sollen dabei helfen, die architektonischen Strukturen dieses strategischen Bereichs zu dokumentieren und zu untersuchen. Ziel ist es, ihre Funktion zu bestimmen und herauszufinden, ob sie Wohnstätten oder Kultstätten beherbergten. Das Programm ist auf mehrere Jahre angelegt.

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Verwendete Quellen:

Nauka w Polsce: Część miejskiej rezydencji i zaskakująca maska - odkrycia polskich archeologów w Libii

Universytet Warszawski: Odkrycia archeologów z UW w Libii

Aus dem Französischen übersetzt von GEO

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