Der Fall der Entführung von Theo Albrecht gehört sicherlich zu den spektakulärsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Tat liegt mittlerweile mehr als 50 Jahre zurück, Opfer wie auch Täter sind mittlerweile verstorben. Gesprochen hat die Familie öffentlich nicht über den Fall. Doch die Entführung und die Umstände des Lösegeldes werfen bis heute Fragen auf, die im Dunkeln bleiben.
Wer war Theo Albrecht und woher stammte sein Vermögen?
Theo Albrecht war zusammen mit seinem Bruder Karl einer der Gründer der Discounterkette Aldi. Geboren 1922 in Essen, übernahmen die Brüder nach dem Zweiten Weltkrieg das kleine Lebensmittellädchen ihrer Mutter und bauten es zu einem der erfolgreichsten Einzelhandelsunternehmen der Welt aus. Theo und Karl entwickelten ein innovatives Discountmodell, das auf niedrigen Preisen, schlanker Produktpalette und minimalen Betriebskosten beruhte. Diese Effizienzstrategie machte Aldi zu einem weltweiten Phänomen mit Tausenden Filialen, insbesondere in Europa und den USA.
Das immense Vermögen der Albrecht-Brüder, das laut Independent im Jahr 2010 auf über 40 Milliarden US-Dollar geschätzt wurde, resultierte aus ihrem rigorosen Fokus auf Kostensenkung und schlanke Betriebsabläufe. Theo führte Aldi Nord und übernahm in den 1970er Jahren den amerikanischen Lebensmitteleinzelhändler Trader Joe’s. Trotz seines Reichtums blieb Theo Albrecht bekannt für seine Bescheidenheit und seinen zurückgezogenen Lebensstil. Er mied die Öffentlichkeit und zog es vor, seine Geschäfte diskret und effizient im Hintergrund zu führen.
Die Motivation der beiden Entführer
Paul Kron und Heinz Joachim Ollenburg waren die beiden Haupttäter hinter der Entführung von Theo Albrecht. Kron, ein vorbestrafter Einbrecher, der den Spitznamen "Diamanten-Paul" trug, war in kriminellen Kreisen bekannt. Ollenburg, ein Anwalt, der zuvor Kron juristisch vertreten hatte, kämpfte laut WirtschaftsWoche mit hohen Spielschulden und galt als der Drahtzieher des Plans. Beide Männer kamen aus sehr unterschiedlichen Hintergründen, aber ihre finanziellen Probleme führten sie schließlich zusammen.
Ollenburg nutzte seine juristischen Kenntnisse, um den Entführungsplan zu entwickeln und Kron als Komplizen zu gewinnen. Ihre Hauptmotivation war, ihre finanziellen Probleme durch das Erpressen eines hohen Lösegeldes zu lösen. Die Entführung von Theo Albrecht, einem der reichsten Männer Deutschlands, bot sich als Gelegenheit, schnell an viel Geld zu kommen.
Die Entführung von Theo Albrecht: Wie der Plan zur Realität wurde
Am Abend des 29. November 1971 wird Theo Albrecht von Paul Kron und Heinz Joachim Ollenburg überfallen. Die beiden Männer hatten ihre Entführung sorgfältig geplant und warteten auf den passenden Moment, um den Unternehmer zu überwältigen. Kron und Ollenburg hatten bereits im Vorfeld die Routine von Albrecht ausspioniert und suchten gezielt nach einem günstigen Moment, um ihren Plan in die Tat umzusetzen. Angeblich soll das Duo es eigentlich auf seinen Bruder Karl abgesehen haben, wie GEO schreibt:
(Die Täter) lauern ihrem Opfer vor der damaligen Konzernzentrale in Herten auf und verschleppen Albrecht, als er aus dem Auto steigt. Angeblich wollen sie eigentlich den älteren Bruder Karl entführen, doch der ist immer mit Chauffeur unterwegs.
Nachdem sie Albrecht in ihre Gewalt gebracht hatten, wurde er laut Stern in Ollenburgs Kanzlei in Düsseldorf gebracht. In dieser Wohnung hielt man ihn während der gesamten 17 Tage der Entführung gefangen – und zwar in einem Schrank. Diese drastische Maßnahme sollte sicherstellen, dass er nicht entdeckt wurde und keine Fluchtmöglichkeit bestand. Albrechts Familie, insbesondere seine Ehefrau Cilly, erhielt schon bald den ersten Anruf mit der Forderung nach einem Lösegeld von 7 Millionen D-Mark. Schließlich zahlte die Familie das geforderte Lösegeld, das vom Ruhrbischof Franz Hengsbachin bar übergeben wurde, und Albrecht wurde am 16. Dezember 1971 freigelassen.
Die Entführer hatten geplant, sich mit dem Lösegeld aus dem Staub zu machen, doch bereits wenige Tage nach der Freilassung von Theo Albrecht begannen sich Fehler in ihrem Plan abzuzeichnen. Kron wurde gefasst, als er mit einem Teil des Lösegeldes einkaufte, und Ollenburg, der sich nach Mexiko abgesetzt hatte, wurde ebenfalls bald gefasst und zurück nach Deutschland gebracht. Trotz ihrer Verhaftung bleibt ein Großteil des Lösegeldes bis heute verschwunden – ein ungelöstes Rätsel, das dem Fall eine zusätzliche mysteriöse Note verleiht.
Lösegeld als Betriebsausgabe?
Im Jahr 1979 versuchte Theo Albrecht, das gezahlte Lösegeld von 7 Millionen D-Mark als Betriebsausgabe steuerlich abzusetzen. Seiner Ansicht nach war die Entführung eng mit seinem unternehmerischen Wirken als Gründer von Aldi Nord verbunden, und das Lösegeld sei daher eine geschäftliche Ausgabe, berichtet GEO. Allerdings scheiterte er mit diesem Argument vor dem Finanzgericht Münster, das entschied, dass die Entführung eine private Angelegenheit sei und das Lösegeld somit nicht als Betriebsausgabe absetzbar sei, so GEO weiter. Lediglich der nicht wiedergefundene Teil des Lösegeldes konnte als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.
Die Auswirkungen auf die Familie Albrecht
Die Entführung hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Familie Albrecht, insbesondere auf Theo selbst. Obwohl er körperlich unversehrt aus der 17-tägigen Geiselhaft entlassen wurde, zog sich Theo Albrecht nach diesem traumatischen Erlebnis noch weiter aus der Öffentlichkeit zurück. Die ohnehin sehr zurückgezogen lebende Familie verstärkte ihre Bemühungen, das private Leben von der Außenwelt abzuschirmen. Theo Albrecht mied bis zu seinem Tod im Jahr 2010 jegliche öffentliche Auftritte und sprach nie wieder über die Entführung. Die Familie lebt bis heute in strikter Abgeschiedenheit, was auch für die nachfolgenden Generationen gilt, die den strikten Datenschutz um die Familie aufrechterhalten.
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Verwendete Quellen:
Independent: Theo Albrecht: One of the two brothers behind the Aldi supermarket empire
WirtschafsWoche: Nahe der Königsallee: Hier wurde Aldi-Chef Theo Albrecht gefangen gehalten
GEO: Die Aldi-Entführung: Theo Albrechts Geschichte belastet die Familie noch heute
Stern: Die Gangster hielten ihn erst für den Buchhalter – vor 50 Jahren wurde Theo Albrecht entführt
Independent: The story of Karl Albrecht, the man who destroyed Tesco
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