Mann wird als "hirntot" gesehen - doch er schlägt alle Prognosen und kehrt zurück ins Leben

Jacob Hanedels Geschichte ist ein medizinisches Wunder. Im Alter von 35 Jahren wurde bei ihm eine seltene, schwerwiegende Erkrankung diagnostiziert, die in ihrem Stadium als unheilbar galt- bis er der Welt bewies, was der unermüdliche menschliche Geist zu leisten vermag.

Locked-in-Syndrom, akute toxische progressive Leukenzephalopathie, Heilung, medizinisches Wunder; Überwindung der Krankheit
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Locked-in-Syndrom, akute toxische progressive Leukenzephalopathie, Heilung, medizinisches Wunder; Überwindung der Krankheit

"Man weiß nie, wie stark man ist, bis man es sein muss" - diese Worte sind das Motto von Jacob Haendels Webseite.

Für den ehemaligen Koch aus Boston, Massachusetts, war 2017 das Jahr, in dem die Stärke des damals 35-Jährigen auf eine existenzielle Probe gestellt wurde. Die Diagnose lautete auf eine seltene und schwerwiegende Erkrankung: akute toxische progressive Leukenzephalopathie. Diese Krankheit, die das Gehirn durch toxische Einflüsse schädigt, führte bei Haendel zum „Locked-in-Syndrom“, einem Zustand völliger Lähmung, bei dem er zwar bei vollem Bewusstsein war, aber nahezu bewegungslos gefangen.

Wie alles begann

Wie der Nachrichtendienst Express berichtete, begannen die ersten Symptome bereits im Alter von 27 Jahren. Zuerst veränderte sich seine Stimme - sie wurde hoch und schrill. Dann kamen Gleichgewichtsprobleme hinzu. Als er deswegen sogar Probleme beim Autofahren bekam, begab sich Haendel schließlich ins Krankenhaus.

Der anfängliche Verdacht auf einen Schlaganfall wich nach weiteren Tests der niederschmetternden Diagnose: akute toxische progressive Leukenzephalopathie. Schon bald würde er seine Beweglichkeit und Sprachfähigkeit verlieren. Express zitierte Hanedel:

Im fünften Monat war ich im vierten Stadium, von dem sie sagten, dass sich niemand je davon erholt. Sie sagten mir, ich würde ins Koma fallen und sterben.

Der Wendepunkt

Im dritten Monat war der Patient bereits komplett gelähmt und fühlte sich in seinem eigenen Körper wie eingesperrt, da er noch alles um sich herum mitbekam. Ein Moment ist ihm laut Express als besonders traumatisch in Erinnerung geblieben:

[Das Personal] diskutierte darüber, die lebenserhaltenden Maßnahmen einzustellen. Ich hatte solche Schmerzen, dass ich ohnehin bereit war zu gehen.

Laut dem Zentrum für Beatmung und Intensivpflege kann das Locked-in-Syndrom nicht vollständig geheilt werden und stellt eine enorme Belastung für Betroffene und Angehörige dar. LiS-Patient:innen können in den meisten Fällen mit ihren Augen kommunizieren – doch selbst dies war Haendel anfangs nicht vergönnt. Er war sich bewusst, dass er nur eine einzige Chance hatte, sein Leben zurückzugewinnen. Mit all seiner verbliebenen Kraft schaffte er es, sein Handgelenk leicht zu bewegen. Diese minimale Bewegung überzeugte die Ärzt:innen, den Patienten nicht aufzugeben.

Ein langer Weg der Genesung

Unter Aufwendung all seiner Willenskraft trainierte Haendel über die nächsten Monate das Blinzeln und lernte so, mithilfe einer Buchstabentafel zu kommunizieren. So konnte er seine Gefühle und Gedanken, vor allem seine Liebe zu Familie und Freund:innen, zum Ausdruck bringen. Die Worte "Ich liebe dich" zu übermitteln, war der bisher größte und emotionalste Meilenstein in Haendels Heilungsprozess.

In den folgenden Jahren absolvierte er mehrere Aufenthalte in Krankenhäusern und Rehabilitationszentren. Durch intensive Physiotherapie und medizinische Eingriffe gelang es ihm, wieder selbstständig zu gehen und zu sprechen. 2020 kehrte er nach Hause zurück.

Niemand hätte dies für möglich gehalten: Jacob Haendel ist der erste Patient im Endstadium der akuten toxischen progressiven Leukenzephalopathie, der einen solch erfolgreichen Genesungsprozess durchlaufen hat.

Mittlerweile hat er sogar als Co-Founder eine App entwickelt, die Menschen mit Behinderungen hilft, Barrieren bei der Mobilität zu überwinden. Wie viele andere Menschen, die einen langen Krankheits- und Genesungsweg beschritten haben, hat sich Haendels Perspektive auf das Leben in diesem Prozess grundlegend geändert:

Bevor mir das passierte, war ich immer ein lustiger, geselliger Typ, aber tief im Inneren war ich traurig und depressiv. Jetzt schätze ich, selbst mit all den Herausforderungen, die kleinen Dinge.

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Verwendete Quellen:

Express: 'Brain dead' man trapped inside body heard staff debate about turning off his life support

jhaendelrecovery

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