Inmitten der weiten Ebene der Golanhöhen, östlich des Sees Genezareth, einer zwischen Israel (auch hier kommt es immer wieder zu archäologischen Funden) und Syrien umstrittenen Region, befindet sich eines der rätselhaftesten Bauwerke aus der Bronzezeit: Rujm el-Hiri, auch "Rad der Geister" genannt. Seit seiner Entdeckung in den 1960er Jahren ist die genaue Funktion des megalithischen Monuments mit seinen mehreren konzentrischen Steinkreisen, die einen Hügel umschließen, nicht eindeutig geklärt.
Wie sein südenglisches Gegenstück - die Stätte wird übrigens auch als "Stonehenge des Levante" bezeichnet - ließ die Struktur von Rujm el-Hiri lange Zeit vermuten, dass sie zu ihrer Zeit, um 3500-2500 v. Chr., als astronomisches Observatorium diente. Die Ergebnisse einer neuen Studie, die am 14. November 2024 in der Fachzeitschrift Remote Sensing veröffentlicht wurde und von Forschenden der israelischen Universitäten Tel Aviv und Ben-Gurion durchgeführt wurde, scheinen diese lang gehegte Hypothese jedoch endgültig zu verwerfen.
Bewegungen und Ausrichtung von Rujm el-Hiri
Um zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen, kombinierten die Wissenschaftler:innen geophysikalische Analysen, geomagnetische Messungen und fortschrittliche Fernerkundungstechnologien. So fanden sie heraus, dass der Boden unter den Golanhöhen seit etwa 150 Millionen Jahren tektonischen Bewegungen - etwa 8 bis 15 Millimeter pro Jahr - ausgesetzt ist. Nach Jahrtausenden des Stehens hat Rujm el-Hiri also eine bedeutende Neuausrichtung erfahren.
Durch die Rekonstruktion der tektonischen Geschichte der Region konnten die Autor:innen der Studie berechnen, wie die radialen Wände und Eingänge des ursprünglichen Bauwerks zu dem Zeitpunkt ausgerichtet waren, als es angeblich vor mindestens 4.500 Jahren errichtet wurde.
Sie fanden jedoch heraus, dass diese Elemente nicht so platziert waren, dass sie genaue astronomische Beobachtungen und das Verfolgen von Himmelsereignissen (Sonnenwenden, Tagundnachtgleichen) ermöglicht hätten. Daraus schlossen sie, dass die Anlage wahrscheinlich nicht von Anfang an für diesen Zweck konzipiert war.
Ein Standort im Herzen eines alten Netzwerks?
Parallel dazu führten die Forschenden eine detaillierte Vermessung der umliegenden Region durch und kartographierten ein Gebiet von 30 Kilometern um Rujm el-Hiri. Anhand der fortschrittlichen Satellitenbilder konnten Dutzende bislang unbekannter Strukturen identifiziert werden: dicke, lineare Mauern; kreisförmige Einfriedungen mit einem Durchmesser von etwa 20 Metern; Dutzende von Grabhügeln; Steinhügel, die einst als Begräbnisstätten, Unterstände oder Lagerhäuser gedient haben könnten. Solche Funde legen nahe, dass das "Stonehenge des Levante" Teil einer größeren soziokulturellen oder rituellen Landschaft gewesen sein könnte.
"Diese Forschung stellt nicht nur bisherige Theorien in Frage, sondern vertieft auch unser Verständnis des alten Lebens in dieser Region", schwärmen die Autor:innen in einer Pressemitteilung.
Während der Bronzezeit (deren Spuren auch Schlimmes zutage gebracht haben) könnte Rujm el-Hiri ein riesiger Versammlungsort für die örtlichen Stämme gewesen sein. Oder aber ein Grabkomplex, wie die Gräber belegen, die in seinem zentralen Hügel identifiziert wurden. Angesichts des Mangels an Beweisen bleiben dies jedoch nur Spekulationen.
Während diese Veröffentlichung die Debatte über die Funktion eines einzigartigen Bauwerks neu entfacht, verdeutlicht sie auch die Bedeutung interdisziplinärer Forschung. Durch die Kombination fortschrittlicher geophysikalischer Analysetechniken mit Methoden der traditionellen Archäologie haben die Expert:innen entscheidende Fortschritte erzielt.
Zukünftige Studien könnten die Verbindungen zwischen Rujm el-Hiri und den anderen antiken Strukturen in der Region erforschen. Und so vielleicht endlich die Geheimnisse dieses außergewöhnlichen Monuments lüften.
Auch interessant:
Jahrtausendealter und höchst ungewöhnlicher Goldschatz von Archäologen entdeckt
Archäologen entdecken vor Jahren Spuren von Kannibalismus aus der Bronzezeit
Jahrtausende alte Tafel entdeckt, sie enthält "unbekannte Schriftzeichen"
Verwendete Quelle:
Remote Sensing: Discussion Points of the Remote Sensing Study and Integrated Analysis of the Archaeological Landscape of Rujm el-Hiri
Tel Aviv University: תגלית חדשה משנה את מה שחשבנו על גלגל הרפאים ברמת הגולן
Aus dem Französischen übersetzt von GEO