In den USA führte im vergangenen Sommer kein Weg an den Blockbustern "Oppenheimer" und "Barbie", scherzhaft zu "Barbenheimer" fusioniert, vorbei. Doch zunächst still und kurz darauf so gar nicht mehr klammheimlich mauserte sich in deren Windschatten noch ein dritter Film zu einem überraschenden Kassenschlager: Der Low-Budget-Thriller "Sound of Freedom", gedreht von Alejandro Monteverde (46) und mitproduziert von Mel Gibson (67). Das Skurrile: Ausgerechnet ein Skandal um den Film, der hierzulande am 8. November anläuft, machte ihn in den USA zum gewaltigen Erfolg.
Der einsame Held - darum geht es
Tim Ballard (Jim Caviezel, 55, "Die Passion Christi") ist Spezialagent der Homeland Security und führt einen zermürbenden Kampf gegen den internationalen Kinder- und Menschenhandel. Als er den kleinen Miguel (Lucás Ávila) aus Honduras aus den Händen skrupelloser Kinderhändler befreit, erfährt er, dass sich dessen Schwester Rocío (Cristal Aparicio) immer noch in der Gewalt der Verbrecher befindet. Kurzerhand kündigt er seinen Job und reist tief in den kolumbianischen Dschungel, wo ihn ein lebensgefährlicher Einsatz erwartet.
Besser als Ethan Hunt und Indiana Jones
Die Einspielergebnisse von "Sound of Freedom" fielen in den USA mit rund 184 Millionen Dollar regelrecht fantastisch aus. Zum Vergleich: Weder "Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil Eins" (172 Millionen US-Dollar) noch "Indiana Jones und das Rad des Schicksals" (174 Millionen US-Dollar) ließen dort die Kinokassen derartig klingeln, obwohl sie mit einem weitaus größeren Budget gesegnet waren.
Doch ab einem gewissen Punkt hatte dieser Erfolg nur noch wenig mit der vermeintlichen Qualität des Films zu tun und auch dessen Handlung rückte in den Hintergrund. Vielmehr entwickelte sich eine bizarre Eigendynamik um den Streifen mit ernster und wichtiger, aber nicht neuer Thematik. Filme wie beispielsweise die deutsch-amerikanische Koproduktion "Trade - Willkommen in Amerika" mit Kevin Kline (76) hatten diese zuvor schon aufgegriffen. Auch darin wird gezeigt, mit was für einer mitleidslosen Brutalität Menschenhändlerringe vorgehen und wie die perfiden Mechanismen im Hintergrund funktionieren.
Im Fall von "Sound of Freedom" wurde nun jedoch urplötzlich von rechten Verschwörungstheoretikern zum Kulturkampf aufgerufen. Die politische Gegenseite würde versuchen, Menschen vom Kinobesuch abzuhalten, lautete der Vorwurf. Videos erboster Besucherinnen und Besucher, in denen behauptet wurde, Kinobetreiber hätten absichtlich die Klimaanlage während den "Sound of Freedom"-Vorstellungen abgestellt oder würden andere technische Probleme vortäuschen, überschwemmten das Netz. Selbst Donald Trump (77) schaltete sich ein und befand wie einige weitere QAnon-Schreihälse: Als echter Patriot habe man die Aufgabe, diesen Film zu sehen! Und genau das taten Millionen Menschen auch, die ihrem einzig wahren US-Präsident nach wie vor die Stange halten.
Besonderer Erfolg wider Willen
Der Applaus aus diesem Lager gefiel jedoch ausgerechnet dem Regisseur überhaupt nicht: "Es war herzzerreißend, all diese Polemik und Kontroverse mitzuerleben. Mein Instinkt war, davonzurennen. Mich zu verstecken", sagte er der Branchenseite "Variety". Sein Film sei zu falschen Zwecken instrumentalisiert worden. Monteverde beteuert: "Während der Entwicklung, Recherche und dem Schreiben der Geschichte gab es keine einzige Diskussion über Politik. Und warum? Weil die Politik in den Hintergrund treten sollte, wenn es darum geht, Kinder aus den Fängen des Menschenhandels zu befreien."
Fakt ist aber auch, dass zwei sehr wichtige Personen von "Sound of Freedom" in diesen bedenklichen Verschwörungskanon miteinstimmten: Hauptdarsteller Caviezel sowie der real existierende Ballard, den er verkörpert. Beide wohnten auch einem von Donald Trump initiierten Screening des Films bei und unterstützten so dessen politisch motivierte Narrative. "Es gibt Leute, die zu nah mit dem Film in Verbindung stehen und Politik [damit] betreiben", wie es Regisseur Monteverde ausdrückte.
In Deutschland dürfte "Sound of Freedom" hingegen eher als das wahrgenommen werden, was er laut dessen Macher ist: Ein Independent-Film mit ernster, wohlgemeinter Botschaft. Nicht mehr, nicht weniger.